Sonntag, 23. September 2012
Tatort: Alter Ego
Die Dortmunder Mordkommission hat ein neues Team, doch zunächst haben die Beamten keine Zeit, einander kennenzulernen, denn schon werden sie zu einem Mordfall an den ersten Tatort gerufen. Der Student Kai Schiplok (Tim Viehoefer) wurde nackt und erstochen in seiner Wohnung aufgefunden. Alles deutet vorerst auf einem Mord aus Eifersucht hin, da das Opfer zum Leid seines Exfreundes (Christoph Jöde) einen lockeren Lebensstil pflegte. Oberkommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske) tut sich derweil schwer, sich mit den Ermittlungsmethoden seines neuen Vorgesetzten Peter Faber (Jörg Hartmann) anzufreunden, ordert ihn dieser doch tatsächlich in eine Schwulenbar – und das an einem Abend, an dem Kossik Karten fürs Fußballspiel hat. Kollegin Nora Dalay (Aylin Tezel) sorgt sich währenddessen, ob der One Night Stand mit Daniel nicht vielleicht ein Fehler war, besonders nun, da die beiden im gleichen Mordfall ermitteln. Die Spuren führen in ein High-Tech-Unternehmen, wo das Opfer zuletzt Praktikant war. Auch bei Firmenchef Dr. Hendrik Strehlsen (Michael Rotschopf) und Mitarbeiter Sebastian Lesniak (Ludwig Blochberger) konnte der Tote einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der Fall wird zunehmend verzwickter, als ein zweites Mordopfer auftaucht – in derselben Manier zugerichtet wie Kai ...



Die ARD wirft ein frisches Polizei-Team in ihre seit nunmehr 42 Jahren erfolgreichen Krimireihe. Und es erschreckt wie wenig Sympathie man den neuen Ermittlern entgegenbringt. Der Vorgesetzte Peter Faber erscheint hölzern und absonderlich, vor allem wenn er aus der Sicht des Täters murmelt (und in Erinnerung an Doc House Tabletten fürs Gemüt schlucken muss). Sein Untergebener Daniel Kossik aber auch die blasse Figur der Nora Dalay wirken durchgehend bockig, und selbst die Fast-Vorgesetzte Martina Bönisch reagiert viel zu schablonenhaft. Wirkliche Tiefe entdeckt man noch in keine der Rollen. Im Gegenteil, die Dialoge ersticken bald in ihrer Künstlichkeit (wer schreibt sowas?), und der verzweifelte Versuch den Tatort nach Dortmund aussehen zu lassen (mit für die Handlung absolut überflüssige Einbeziehung des Borussia Clubs) ist auch nur billige Kalkül ohne Nachdruck - zumal der Kern der Szenen in Köln gedreht wurde.

Die Geschichte selbst reibt sich an brisanten Themen wie Homophobie und Religionsfanatismus, zeigt aber zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Interesse an den Themen, die er bestenfalls streift. Viel zu plakativ schreitet der Handlungsverlauf voran, der wie eine einzige Montage von Klischees und Anti-Klischees erscheint. Schon der abnormale Parallelschnitt zwischen Mord und Sex in der Einleitung wirkt bemüht und auf Provokation spekulierend. Letztendlich geht es mir aber mit diesem Tatort wie mit den meisten, für eine echte Kriminalgeschichte fehlt es an wirklicher Spannung. Zumal in diesem Film auch die Balance zwischen der Charakter-Einführung und dem Kriminalfall völlig daneben geht. Immerhin ahnt man das Potential des Teams für mehr - dann aber bitte mit einem besseren Drehbuch.
Bewertung: 4/10

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