Donnerstag, 6. September 2012
Marco Petrys 'Heiter bis wolkig'
Tim (Max Riemelt) und Can (Elyas M'Barek) sind zwei echte Draufgänger. Für das Abschleppen von Mädels haben sie eine besonders skrupellose Masche entwickelt, um sich gegenseitig Erfolg bei Frauen zu ermöglichen: Einer erzählt einem Mädchen, dass der andere unheilbar an Krebs erkrankt ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als noch einmal mit einer Frau ins Bett zu steigen. Die Masche funktioniert prächtig, bis Tim auf diese Art Marie (Anna Fischer) kennenlernt und sich prompt in sie verliebt. Als er erfährt, dass Maries Schwester Edda (Jessica Schwarz) tatsächlich an Krebs erkrankt ist, ist er gezwungen, die Scharade aufrechtzuerhalten und gerät in allerlei verzwickte Situationen. Es dauert nicht lange, bis Edda den Simulanten durchschaut, doch anstatt ihn auffliegen zu lassen, bietet sie ihm einen ungewöhnlichen Deal an ...



Fast könnte man auch meinen, Köln spiele eine Hauptrolle in dieser deutschen Produktion, so oft wie die grosse Kirche, das Rheinufer oder die Kölner Ringe als Hintergrund dienen. Der Insider wird auch die ein oder andere Kölner Lokalität erkennen, die als Kulisse für die Dramödie herhalten musste. Die Geschichte dreht sich dabei erst einmal um den angehenden Jung-Koch Tim, dargestellt von Max Riemelt ("Die Welle"), der einmal mehr den Lausbuben gibt mit sprödem Charme, den man auch mit hölzernem Spiel verwechseln könnte. Zumindest läuft er anfangs tatsächlich Gefahr, sich vom Kollegen Elyas M'Barek ("Türkisch für Anfänger") als sein Sidekick an die Wand spielen zu lassen. Der erste Drittel des Films bleibt dementsprechend auf banalem Deutsch-Com-Niveau. Auf eine andere Ebene gehoben wird die Geschichte erst durch das Auftreten von Jessica Schwarz ("Kammerflimmern") als die todkranke Schwester. Ihre zynisch-verzweifelte Darstellung macht aus dem seichten Aufreiss-Plot ein überzeugendes Drama mit Herz. Und erst an ihrer Seite läuft auch Riemelt zur Höchstform auf und gibt eine der besten Performances seiner Karriere.



Trotz überraschender Tiefe in der Darstellung kann das Drehbuch aber nicht die eigenen Schwächen verhehlen. So wirkt die Liebelei mit allen Aufs und Abs reichlich konstruiert nach RomCom-Schema und dient allenfalls als nebensächlicher Auslöser für das intensive Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller (was vielleicht auch ganz gut ist bei der durchschnittlichen Leistung der süssen Anna Fischer aus "Liebeskind"). Die offensichtlichen Schwächen in der Dramaturgie werden allerdings allesamt von der überragenden Performance von Jessica Schwarz und ihrem Zusammenspiel mit Max Riemelt kaschiert, die den Zuschauer an eine Geschichte fesseln, die genaugenommen vorhersehbarer nicht sein könnte. So ist es letztendlich dem Feingefühl von Regisseur Marco Petry ("Schule") zu verdanken, dass sein Film weder zu sehr in die platte Teenie-Klamotte noch in das überpeinliche Melodrama abdriftet. Stattdessen bietet "Heiter bis wolkig" einen deutsche Dramödie, die die Schwere ihres Inhalt ernst nimmt und doch mit einer Leichtigkeit daherkommt, die den Film zum sympathischen "Feelgood Movie" macht. Und die tatsächlich vom Sterben erzählt, dabei aber das Leben und seine Möglichkeiten thematisiert. Das könnte durchaus für den nächsten deutschen Volltreffer an der Kinokasse reichen!
Bewertung: 7,5/10

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