Freitag, 4. Oktober 2013
Liberace - Behind the Candelabra
Liberace (Michael Douglas) war zu seiner Zeit der größte Bühnenstar und schaffte es über Jahrzehnte, Konzertsäle zu füllen. 1977 lernt der junge Scott Thorson (Matt Damon) den Star kennen, als dieser ihn und seinen Freund Bob Black (Scott Bakula) nach einem Auftritt in den Backstage-Bereich einlädt. Liberace findet sofort Gefallen an dem jungen, gut aussehenden Mann und macht ihn zu seinem persönlichen Assistenten. Hinter geschlossenen Türen werden die beiden ein Paar, denn die Öffentlichkeit darf nichts von seiner Homosexualität wissen. Die Beziehung bekommt erste Risse, als Liberace seinen Lover Scott zu einer jungen Version von sich selbst machen will. Nachdem Kleider und Schmuck nur der Anfang sind, engagiert er den extravaganten plastischen Chirurgen Dr. Jack Startz (Rob Lowe), um Scotts Gesicht zu operieren. Nachdem Scott all das auf sich genommen hat und Liberace dann den Wunsch äußert, eine offenere Beziehung zu führen, scheint das Verhältnis der beiden endgültig am Ende zu sein.



Man stelle sich vor man bekommt einen angesehenen Erfolgsregisseur mit Steven Soderbergh ("Magic Mike"), und dazu mit Matt Damon ("Die Bourne Identität") und Michael Douglas ("Wall Street") zwei absolute Hollywood-Stars - und keiner will es haben. So ging es zumindest bei diesem provokanten Projekt, das trotz profitabler Voraussetzungen einfach keine Geldgeber in Hollywood fand. Stattdessen musste nach mehreren Jahren mit vergeblichem Klinkenputzen der TV-Sender HBO (unter anderem "Game of Thrones" und "Six Feet Under") einspringen und das Budget auf unterem Kino-Niveau stemmen. Tatsächlich ist "Behind the Candelabra" in Amerika nur im Privatfernsehen gelaufen, während er in Europa ganz normal in die Kinos kommt. Und alles nur, weil den Hollywood-Studios das Thema zu heiss und zu "schwul" war.

Zugegeben, rein thematisch nimmt der Film kein Blatt vor dem Mund. Da wird nicht gross herumgeredet, sondern alle sexuellen Konflikte auch auf den Punkt gebracht. Dafür hält sich allerdings das Gezeigte noch im Rahmen (sofern man das bei gleichgeschlechtlichen Szenen noch sagen kann). Die direkte Aussprache macht jedoch genau die Authentizität der gesamten Geschichte aus, die immerhin keine frei erfundene Karikatur ist, sondern auf wahren Begebenheiten beruht. Man kann der Produktion schliesslich nicht vorwerfen, die Hauptfigur zur einsamen Fummeltrine zu machen, wenn sie nun aber offensichtlich genau so war.



Das absolute Plus des Films ist dabei das brilliante Spiel von Michael Douglas, der sich volle Wucht in die Rolle stürzt und sie genau auf den Punkt bringt, ohne sie zu überzeichnen oder sogar blosszustellen. Er trägt die Geschichte auch mit Leichtigkeit durch sämtliche Phasen, in denen die Abhandlung etwas träge wirkt, und er treibt auch den bis dahin immer etwas brav-steif aufspielenden Kollegen Damon zu einer der besten Leistungen seiner Karriere. Zwischenzeitig liefern sich die beiden Zickenkriege auf der Leinwand, die in den pointierten Dialogen an Schärfe nicht zu überbieten sind.

Wem das nicht genug Schauwerte sind, der bekommt eine pompöse Ausstattung und Glamour in jeder Szene, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Und auch die Maske hat sensationelle Arbeit geleistet, wenn sie Douglas in die würdevolle alte Tunte verwandelt, Damon das "schönoperierte" Gesicht verstümmelt und Nebendarsteller wie Rob Lowe ("St. Elmo's Fire"), Dan Aykroyd ("Ghostbusters") oder Scott Bakula ("Enterprise") bis zur Unkenntlichkeit maskiert. Das sind derartig viele Pluspunkte in der Gesamt-Darstellung, dass man die ein oder andere Belanglosigkeit in dem eigentlichen Plot gar nicht wirklich wahrnimmt. Wer Liberace mit der Limousine am Pornokino vorfahren und im wehenden Pelz durch den Darkroom cruisen sieht, der wird gar nicht mitbekommen, dass der Film für seinen Inhalt mit 120 Minuten fast schon zu lang geraten ist. Dementsprechend erweist sich dieses Bio-Pic trotzdem als grossartiges Filmerlebnis, dass als TV-Film leider keine Chance auf irgendwelche Oscars hat, dafür aber bei den Emmys dieses Jahr schon absahnen konnte.
Bewertung: 8/10

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